Bundes.Festival.Film.
Nominierte erzählen von ihren Filmen
Veröffentlicht am: 19. May 2025
Das Bundes.Festival.Film. steht bevor (13.-15. Juni) und damit steigt auch die Vorfreude bei den nominierten Filmteams. Wir haben drei von ihnen im Vorfeld gefragt, wie es sich anfühlt, nominiert zu sein. Und natürlich über ihre Filme gesprochen. Was euch beim Festival sonst noch erwartet, könnt ihr hier im Programm nachlesen. (Foto-Montage, v.l.n.r.: Jonathan, Benjamin, Ben, Jana, Jelena)
"Jagen" von Ben Moore - nominiert im Deutschen Generationenfilmpreis
Erstmal Glückwunsch zur Nominierung beim Deutschen Generationenfilmpreis. Wie war das für dich, als du davon erfahren hast? Was ging dir dabei als erstes durch den Kopf?
"Ich glaube zuerst habe ich mich mehr gefreut, dieses Jahr überhaupt wieder auf das Bundes.Festival.Film. gehen zu dürfen, als dass mein eigener Film läuft! Dann habe ich als zweites panisch geschaut, ob ich überhaupt Zeit habe hinzugehen! Ich liebe es Festivalfilme zu schauen, die aus den eigenen Reihen kommen. Das ist oftmals viel nahbarer als große A-List Festivals und fühlt sich irgendwie persönlicher an. Außerdem freue ich mich, meinen Film ‘Jagen’ erstmals mit einem echten Publikum zu schauen, denn dafür ist dieser Film glaube ich vor allem gemacht."
In deinem Film „Jagen“ wird ein älterer Mann von drei Jugendlichen bedroht. Wie bist du auf die Idee dazu gekommen? Hast du selbst schon einmal eine solche Situation erlebt?
"Man könnte von Glück reden, wenn ich sage, ich habe das selbst noch nicht erlebt. Als ‘Jagen’ entstanden ist, ging es aber auch nicht um die explizite Situation, sondern um ein allgemeines Verhalten, das denke ich viele von uns schon erlebt haben.
Eine gegenseitige Konfrontation von Jung und Alt gibt es schon seit immer. Das heißt aber nicht, dass es da keine Veränderung gibt. Wir leben gerade in einer Zeit, in der sich unsere Generationsbeziehungen wieder stark verändern. ‘Jagen’ ist in diesem expliziten Fall eine Kritik, soll aber im größeren Sinne nur den Diskurs für ein übergeordnetes Thema anregen."
Der Film spielt in einer kleinen Pizzeria, es ist dunkel draußen. Wieso sollte es genau dieser Drehort sein?
"Das hängt mit dem expliziten Fall der gebrochenen Generationsbeziehung zusammen, die in ‘Jagen’ kritisiert wird. Der Film spielt in einem kleinen Ort, außerhalb der Großstadt. Hier finden sich Teile der örtlichen Jugend abends zusammen, ohne ein wirkliches Ziel, ohne dass es etwas zu tun gibt. Durch diese Ziellosigkeit und vielleicht auch Langeweile hat sich etwas etabliert, dass ich hier 'Jagen' nenne. Opfer davon werden dann Leute, die schwächer wirken und ein leichtes Ziel sind. Daraus ist dann der Aspekt der Generationsbeziehung entstanden. Was ursprünglich ein Dönerladen sein sollte, ist dann eine Pizzeria geworden, das hatte produktionelle Gründe. Beide sind aber Orte im Dorf, zu denen die Jugend dann nachts hingezogen wird, wenn man sonst nichts zu tun hat."
Hast du das Locationscouting selbst übernommen? Und vielleicht als Erfahrungsaustausch für andere Filmschaffende: Wie geht man das überhaupt an? Fragt man einfach nach, in dem Fall bei der Pizzeria?
"Da ‘Jagen’ mein Erstsemesterfilm war und dafür verhältnismäßig sehr wenig Vorbereitungszeit übrig ist, habe ich selbst mit meinem Produzenten Jassy Bhatoe Locations gescoutet. Die Location war noch ein weiterer Grund dafür, den Film nachts spielen zu lassen, weil die meisten Orte nachts irgendwann geschlossen haben. Dabei war es aber wirklich nicht leicht fremde LadenbesitzerInnen zu überzeugen, uns eine ganze Nacht alleine dort drehen zu lassen. Das ist ja auch verständlich und dazu gehört sehr viel Vertrauen, vor allem, da wir nicht genug Geld hatten, um jemanden die ganze Nacht dafür zu bezahlen, daneben zu stehen. Hinzu kam leider noch, dass genau an unserer Drehnacht in Hessen die Fastnacht beginnt. Ein Fest das ich aus Hamburg irgendwie garnicht auf dem Schirm hatte :)
Unsere Pizzeria haben wir dann auf dem Rückweg von einer Motivbesichtigung vor dem ersten Drehtag gefunden und gleich angerufen. Der Besitzer war da sofort sehr offen für die Idee (in meinen Augen fast zu offen). Am nächsten Tag haben wir dann den Schlüssel bekommen und durften bis zum nächsten Morgen alleine dort drehen. Wir haben dann alle eine positive Google Bewertung dagelassen. Für andere Filmschaffende habe ich nur vier Tipps: Sucht euch eine vernünftige Produktion oder Locationscout, damit ihr nicht alles selbst machen müsst; fangt früh genug mit der Vorproduktion an; seid nett; habt viel Geld ;)"
Zum Schluss noch ein Blick aufs Bundes.Festival.Film.: Im Juni läuft „Jagen“ auf großer Leinwand im filmforum Duisburg. Worauf freust du dich am meisten?
"Am meisten freue ich mich die Reaktion der Publikums nach dem Film. Das ist es schließlich, was ein Festival ausmacht. Dann freue ich mich noch darauf, so viele Filme zu gucken, wie ich kann!"
"Romnja Rangers" vom Filmteam Karola e.V. - nominiert in beiden Wettbewerben
Erstmal Glückwunsch zur Nominierung – und das in gleich beiden Wettbewerben. Wie war das für euch, als ihr davon erfahren habt? Was ging euch dabei als erstes durch den Kopf?
Jana: "Wir waren sehr überrascht, dass der Film gleich bei beiden Wettebwerben nominiert wurde."
Jelena: "Und wir haben uns natürlich sehr gefreut."
Jana: "Und uns gedacht: Die viele Arbeit hat sich gelohnt :)"
In eurem Film „Romnja Rangers“ macht ihr auf Rassismus gegen Rom*nja und Sinti*zze aufmerksam. Wie kam es überhaupt zu der Idee einen Film zu machen und wie habt ihr euch dann für das Thema entschieden?
Jana: "In der Mädchengruppe von KAROLA (Anmerk: KAROLA - Internationaler Treffpunkt für Frauen&Mädchen e.V.) haben wir 2022 unseren ersten Film gemacht, 'Meine Baba und ich', ein Stop-Motion-Comic. Damals wollten wir nicht selbst vor der Kamera stehen, da wir uns nicht getraut haben. Aber da haben wir Lust auf Film bekommen und wollten unbedingt einen neuen Film drehen."
Jelena: "Und auch als Schauspielerinnen vor der Kamera stehen."
Jana: "Genau. Anna-Lena von KAROLA hat dann ein neues Filmprojekt gemacht und wir haben richtig gelernt mit der Kamera zu arbeiten und so."
Jelena: "Das war so ein Film-Übungswochenende auf dem Land und dort haben wir uns auch über viele persönlichen Themen unterhalten. Da wir in der Filmgruppe alle Romnja sind, haben wir alle schon ähnliche Erfahrungen mit Rassismus gemacht. Und das wollten wir dann auch in den Film reinbringen."
Ihr startet „Romnja Rangers“ mit einer Straßenumfrage: „Kennen Sie berühmte Roma und Sinti?“ Wieso habt ihr diesen Einstieg in euren Film gewählt?
Jelena: "Wir wollten einfach sehen, wie die Leute reagieren. Jeder kennt Charly Chaplin, aber keiner weiß, dass er ein Rom war. So wie viele Roma und Sinti hatte er wahrscheinlich Angst das offen zu sagen."
Jana: "Die Straßeninterviews zeigen ja das reale Leben und wie die Leute wirklich denken. Das war auch toll, dass wir mit den Leuten ins Gespräch gekommen sind und die dann auch viel nachgefragt haben."
Jelena: "Aber es zeigt eben auch, dass viele keine Ahnung haben, was oder wer Roma und Sinti sind."
In eurem Film lasst ihr Menschen zu Wort kommen, die von eigenen Rassismuserfahrungen berichten – sie geben uns dabei sehr persönliche Eindrücke. Vielleicht auch als Erfahrungsaustausch mit anderen Filmschaffenden, die wichtige und sensible Themen ansprechen wollen: Wie seid ihr beim Dreh vorgegangen? Ihr habt in der Vorbereitung bestimmt viel darüber gesprochen.
Jana: "Die Mädchen im Film gehören ja alle zu unserer Filmgruppe Romnja Power Hamburg. Das sind also unsere Erfahrungen, die da gezeigt werden, und auch Geschichten, die uns von Freunden aus der Community erzählt wurden."
Jelena: "Die Geschichten stehen also für die vielen Geschichten, die unsere Community mit Rassismus tagtäglich erlebt."
Jana: "Wir haben uns dann ja entschieden die Geschichten ins Handy zu sprechen, wie so ein Handytagebuch. Das konnte jede für sich machen und dann war es auch viel einfacher das zu erzählen."
Zum Schluss noch ein Blick aufs Bundes.Festival.Film.: Im Juni läuft „Romnja Rangers“ auf großer Leinwand im filmforum Duisburg. Worauf freut ihr euch am meisten?
Jelena: "Wir sind einfach gespannt auf das Festival, die Filme und die Menschen, die wir dort kennenlernen."
Jana: "Ja, weil es ist unser erstes Festival außerhalb von Hamburg, zu dem wir als Gruppe für ein ganzes Wochenende fahren. Das ist schon aufregend."
"Alles gucci" von Jonathan Ohlrogge und Benjamin Richter - nominiert im Deutschen Jugendfilmpreis
Erstmal Glückwunsch zur Nominierung beim Deutschen Jugendfilmpreis. Wie war das für euch, als ihr davon erfahren habt? Was ging euch dabei als erstes durch den Kopf?
"Wir haben uns sehr gefreut, dass wir zum Deutschen Jugendfilmpreis nominiert wurden und die Möglichkeit bekommen, unserem Film auf einem Filmfestival zeigen zu dürfen."
In eurem Film „Alles gucci“ geht es um eine Freundschaft zwischen zwei Jugendlichen. Eigentlich ist alles gut; bis sie vor eine Probe gestellt werden. Sie werden mit Bildern erpresst, die einen der beiden Freunde zeigen, wie er jemanden aus dem Rollstuhl schubst – was er aber eigentlich nicht getan hat. Wie seid ihr auf diese Story gekommen?
"Die Geschichte von zwei Freunden, die im Sommer ein Abenteuer erleben war schon sehr lange eine Idee von mir (Jonathan O.) und wir haben diese dann gemeinsam zu der Geschichte von Jonas und Ahmed ausgearbeitet. Anfangs war das Abenteuer, was die beiden erleben sollten, noch nicht klar. Es hat sich im Laufe der Zeit dazu entwickelt, dass die Beiden erpresst und somit vor eine Probe gestellt werden."
Außerdem greift ihr das Thema Rassismus auf. Ein großes und wichtiges Thema, das ihr runterbrecht und auf der Ebene der Freundschaft behandelt. Haben eure eigenen Erfahrungen bei der Stoffentwicklung eine Rolle gespielt?
"Unsere eigenen Erfahrungen waren weniger die Beweggründe, das Thema zu behandeln. Da aber das Thema Rassismus in unserer heutigen Gesellschaft immer noch eine große Rolle spielt, wollten wir auf humorvolle Art und Weise darauf aufmerksam machen."
Wir wollen nicht spoilern. Aber ist am Ende eures Films dann wirklich alles gucci?
"Je nachdem wie man Ahmeds Worte am Ende deutet…"
Zum Schluss noch ein Blick aufs Bundes.Festival.Film.: Im Juni läuft „Alles gucci“ auf großer Leinwand im filmforum Duisburg. Worauf freut ihr euch am meisten?
"Am meisten freuen wir uns, den Film nochmal mit Publikum auf der großen Leinwand zu schauen und sind auf die Reaktionen dazu gespannt. Außerdem sind wir natürlich auf die anderen Filme und Filmemacher*innen gespannt."
Danke an euch alle für eure Antworten! Wir sehen uns beim Bundes.Festival.Film. :)